Sonntag, 21. August 2011

Stürzenberger stürzt nach rechts

"Ethnopluralismus:" "Ausländer raus!" für Gebildete

Ja Servus,


manchmal sind es zunächst übergangene Details, die bei näherer Betrachtung grössere Zusammenhänge aufzeigen oder sogar auslösen können.

Heute war ein solches Detail ein Name in einer Artikelattrappe von "Politically Incorrect". Der PI-"Autor" Michael Stürzenberger (aka "byzanz") liess sich mal wieder - wie originell! - mit üblichem Geschwurbel über den Islam aus. Anlass war die ZDF-Serie über den "Heiligen Krieg", für die die rührige ZDF-Geschichtsredaktion unter Prof. Dr. Guido Knopp verantwortlich zeichnet.




Originalausriss

Über das Inhaltliche des PI-Artikels wollen wir hier gar keine Worte verlieren. Das würden wir nur tun, wenn uns Stürzenberger mit etwas neuem überraschen würde. Mit etwas anderem als seiner üblichen und offenbar pathologischen Islamophobie. Nein, es geht uns hier um die Art, wie Prof. Dr. Knopp niedergemacht werden soll. 

Das tut "byzanz" nämlich, indem er sich des Urteils eines -hört, hört!- Historikers, sogar eines etablierten und bekannten Historikers, bedient. Der 2007 verstorbene Werner Maser hatte zu Lebzeiten Kritik an Knopps Arbeit geäussert. 

Werner Maser, 1922 - 2007

Und diese Kritik an Knopp, zudem Masers ehemaliger Schüler, nennt Stürzenberger "vernichtend".

"Naja", denkt sich der geneigte Leser: "wenn ein Historiker über den bundesweit so bekannten Prof. Knopp ein schlechtes Urteil fällt, und dieser Historiker sich als dessen 'Lehrmeister' herausstellt, dann muss ja an der Kritik auch was dran sein." Stimmt, sollte man meinen.


Aber:
So wie Stürzenberger Werner Maser zu Rate zieht, um Knopp einzuordnen, 
ziehen WIR jetzt Werner Maser zu Rate, um Stürzenberger einzuordnen. 


Werner Maser war Historiker, soviel lassen wir mal stehen. Aber mit zunehmendem Alter näherte er sich immer mehr geschichtsrevisionistischen Positionen an. Man stufte ihn in Rezensionen seiner Werke als "Nationalkonservativen" ein, der bestrebt war, das Hitler-Bild zu relativieren. Die sehr konservativen  Ideen nicht gerade abgeneigte "Welt" rückte Maser immerhin in die Nähe des verurteilten Holocaustleugners David Irving, und schrieb in ihrem Nachruf auf Maser: 
"...Allerdings folgte Maser seit Mitte der siebziger Jahre dem Weg Irvings zum Geschichtsrevisionismus. Sein Buch über das "Tribunal der Sieger" enthielt bereits zweifelhafte Thesen; 1977 machte er sich für den angeblichen"Hitler-Sohn" Jean-Marie Loret stark. Er brachte sogar die Nachfahren von Hitler-Verwandten dazu, ihn zum "Nachlassverwalter" des "Führers" zu ernennen - obwohl das Bayerische Finanzministerium das Hitler-Erbe verwaltet. [...]
Mit seinen Büchern "Der Wortbruch" (1994) sowie "Fälschung, Dichtung und Wahrheit über Hitler und Stalin" (2004) verließ Maser dann jedoch endgültig den Boden der querdenkerischen, aber produktiven Zeitgeschichte...."
Masers Bücher erscheinen in Verlagen wie zB dem "Bublies-Verlag". In diesem Verlag erscheinen beispielsweise auch "Werke" wie

- Karl Dönitz: "Mein soldatisches Leben"
- Wilhelm Keitel: "Generalfeldmarschall und Chef des Oberkommandos der Wehrmacht"
- Artur Axmann: "Hitlers letzter Reichsjugendführer erinnert sich"
- Gerd Schultze-Rhonhof: "Der Krieg, der viele Väter hatte"
- Andreas Molau: "Alfred Rosenberg - Der Ideologe des Nationalsozialismus" (Molau ist ehemaliger NPD-Bundestagskandidat)

Zur Erläuterung der beiden Zeitgenossen: 
Schultze-Rhonhof ist ein ehemaliger General der Bundeswehr. Er vertritt in seinem Buch unter anderem eine Mitschuld Polens am 2. Weltkrieg, und inspirierte so wohl Erika Steinbach zu dem Satz, dass sie nichts dafür könne, dass Polen schon vor den Deutschen mobilgemacht habe. Was wiederum sehr deutlich von der eher konservativen „Welt“ geradegerückt wurde. 
Die seriöse Geschichtsforschung hat Schultze-Rhonhofs Arbeitsweise in der Luft zerrissen: Rainer F. Schmidt wies in der FAZ anlässlich eines weiteren Buches Schultze-Rhonhofs darauf hin, dass er die „gesamte intensive Forschung zu diesem Komplex“ ignoriert habe und sich „auf höchst zweifelhafte Literatur“ stütze. Hierbei bediene Schultze-Rhonhof „Klischees, die von rechtsradikaler Seite hochgehalten“ würden.

In einem programmatischen Aufsatz für die hauseigene Zeitschrift "wir selbst" fabulierte Verlags-Inhaber Siegfried Bublies über den "Ethnopluralismus", welcher ihm offenbar sehr wichtig ist. Unter dem Begriff Ethnopluralismus versteht man eine zentrale Ideologie der "Neuen Rechten". Sie stellt dem biologistischen Rassismusbegriff den "Kulturrassismus" gegenüber, und kommt ohne „negativ belastete“ Begriffe wie „Rasse“ oder „Lebensraum“ aus. Kritiker verstehen das als sozialdarwinistischen "Rassismus ohne Rassen". Ethnopluralismus steht für eine Trennung von "Völkern, Rassen und Kulturen“, mithin also für eine Art „Kultur-Apartheid“: „Jeder soll bleiben, wo er ist!“. 

Oder kurz gesagt: "Ethnopluralismus" ist der 
intellektuelle Euphemismus für „Ausländer raus!“

Soviel zum Thema Maser.

Was lernen wir daraus?

1) Stürzenberger ist ein Geschichtsrevisionist von ganz weit rechtsaussen
Lieber Herr Stürzenberger: wer wie Sie einen Historiker wie Werner Maser zu Rate zieht, um Guido Knopp zu diskreditieren, weil der es wagt, über den Islam eine andere Meinung zu haben als Sie, der tut damit nur eines: er diskreditiert sich selbst.
Ihr Weltbild ist für eine Demokratie viel zu weit rechts, sonst wäre einer wie Maser für Sie keine historische Kompetenz. Wir fragen uns, wie Sie sich überhaupt in die CSU verirren konnten, die doch eigentlich auf dem Boden der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung steht. Denn: das tun Sie nicht.

2) Stürzenberger recherchiert schlampig
Oder, und das wäre ein alternativer Erklärungsansatz: Sie haben Knopps Doku gesehen, und sich darüber aufgeregt, dass er nicht, wie Sie das getan hätten, „den Islam“ als Wurzel allen Übels hingestellt hat. Und da haben Sie auf die Schnelle im Internet was gesucht, was man gegen Knopp verwenden kann. Und Werner Maser gefunden, und seine Aussagen verwendet, ohne den Hintergrund zu beleuchten.

Also, lieber Herr Stürzenberger: Sie haben die Wahl. Sind sie ein neurechter Geschichtsrevisionist, oder sind Sie einfach nur ein schlampiger Autor? Wahrscheinlich beides.

Und wissen Sie was, Herr Stürzenberger? Sie sind gar kein Christ. Warum? Nun, das ist einfach.

Für einen Christen sollte die Bergpredigt Maßstab sein, die Nächsten- und Feindesliebe des überzeugten Menschensohnes Jesus Christus. Wenn eines Tages wirklich Deutschland die Scharia übernehmen sollte und „der böse Moslem“ kommt, um Sie aus Ihrem Haus zu werfen und in die Sklaverei zu verkaufen, dann müssten Sie ihm auch noch Ihre Garage anbieten. UND das Haus Ihrer Eltern! 

DAS will Jesus Christus von Ihnen: „den Islam“, Ihren Feind, lieben, und immer auch die andere Wange hinhalten. Da passt es für einen Christen nicht, wenn man wie Sie hetzt, diskreditiert, verleumdet oder gar wie der visionserleuchtete evangelikale US-Prophetenjünger Merkle/Mannheimer zur Gewalt aufruft. 

Es sei denn, es erscheint eines Tages die Bibel in der Stürzenberger-Mannheimer-Übersetzung. Da werden die Gebote der Feindes- und Nächstenliebe dann fehlen, nicht wahr?

So long

Der Falke







PS: Natürlich gibt es auch Kritik an Guido Knopp. Wir sind ja eine Demokratie. Aber diese Kritik ist ganz anders gelagert. Und viel kompetenter.


PPS: Ein Gruss an Patrick Gensing.